Die Stabilität der Weltwirtschaft muss gesichert werden
Rodrigo de Rato
Geschäftsführender Direktor
Internationaler Währungsfonds
Börsen-Zeitung
12.9.2006
Wir leben in einer Zeit beispiellosen globalen Wachstums. Die Weltwirtschaft
wird in diesem Jahr um ungefähr 5% wachsen und liegt damit das dritte Jahr in Folge über
dem historischen Trend. Außerdem profitieren mehr Länder von dieser Expansion, wobei das
starke Wachstum in den Vereinigten Staaten, den asiatischen Schwellenländern,
insbesondere China, sowie in Japan und im Euroraum am deutlichsten ist.
Risiken gewachsen
Aber so rosig dieses Bild auch erscheinen mag, Risiken für den weltweiten
Wohlstand sind nie weit entfernt, und in letzter Zeit sind diese Risiken sogar gewachsen.
Steigende Ölpreise haben in den letzten Monaten an den Finanzmärkten zu beträchtlicher
Nervosität geführt, und die gegenwärtige Krise im Nahen Osten verursacht
verständlicherweise noch größere Sorgen. Ein weiterer Grund zur Besorgnis auf den Märkten
ist die Inflation.
Diesen dringenden Anliegen liegt allerdings eine tiefere Sorge über die immer größer
werdenden globalen Ungleichgewichte zugrunde. Diese Ungleichgewichte zeigen sich am
deutlichsten in dem extrem hohen Leistungsbilanzdefizit der USA und dem entsprechenden
hohen Zahlungsbilanzüberschuss anderer Länder. Die Vereinigten Staaten haben zurzeit ein
Leistungsbilanzdefizit in Höhe von 6,5% des BIP und geben eindeutig mehr aus, als sie
sparen. Sie absorbieren etwa 70% der Auslandsersparnisse der Welt. Gleichzeitig sind die
Leistungsbilanzüberschüsse in den Öl exportierenden Ländern, Japan, China und den übrigen
Schwellenländern Asiens rasch gestiegen. In einigen Ländern haben diese Überschüsse zu
inem hohen Bestand an Devisenreserven geführt, während die Auslandsverschuldung der
USA weiter gestiegen ist.
Weltweites Mandat
Der Internationale Währungsfonds (IWF), der als Finanzinstitution damit beauftragt ist, die
Stabilität der Weltwirtschaft sicherzustellen, verfolgt diese Trends mit